Der Seeweg Gut Wittmoldt e.V. präsentiert:

Der Seeweg Gut Wittmoldt e.V. und

die Weltlesebühne e. V. laden Sie ein

 

Vitalität der Verzweiflung

Übersetzen aus dem Russischen heute.


Lesung   |   01. Septmeber 2022   |   19Uhr

Veranstaltungsort:

Gut Wittmoldt
Hof 1
24306 Wittmoldt


Wir bitten um Anmeldung.

Der Eintritt beträgt 15 Euro.

 

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Der Vitalität der Verzweiflung

Übersetzen aus dem Russischen heute

 

Lesung und Gespräch mit den Übersetzerinnen Gabriele Leupold und Olga Radetzkaja
über das Übersetzen von Andrej Platonow, Warlam Schalamow und Maria Stepanova
moderiert von Hans-Ulrich Möhring


Eine Lesung

Literatur trägt oft den Kampf mit den Verhältnissen aus, unter denen sie entsteht, und für die russische Literatur gilt das – nicht erst seit heute – im besonderen Maße. Im Fall von Warlam Schalamow (1907-1982), der viele Jahre in den Straflagern des nordöstlichen Sibirien verbrachte, ist zu sehen, wie die umgebende Gewalt in sein Schreiben eindringt; die Übersetzung muss die Verarmung der Sprache mitmachen, die der Mensch bei Hunger, Kälte, Schlafentzug und schwerer physischer Arbeit erlebt.

Andrej Platonow (1899-1951) wurde unter Stalin als Volksfeind angegriffen, seine Werke konnten zum Teil erst viele Jahre nach seinem Tod erscheinen. Wenn er die Kollektivierung der Landwirtschaft darstellt, ist die Figurensprache ein Mix aus dem alten bäuerlichen Idiom und dem neuen „Revolutionsjargon“, der in all seiner Zwiespältigkeit ins Deutsche zu bringen ist.

In den Gedichtzyklen „Der Körper kehrt wieder“ und „Mädchen ohne Kleider“ von Maria Stepanova (geb. 1972) kriecht der Krieg direkt in die Worte hinein, ein Sprechen in fremden Stimmen entsteht, die Selbstverständlichkeit der Sprache geht verloren, und die Übersetzerin muss oft weite Wege gehen, um auch im Deutschen die Bruchstücke miteinander zum Klingen zu bringen.

In allen drei Fällen scheint der Sprache gerade unter extremen Belastungen eine besondere Vitalität  zuzuwachsen. Vitalität der Verzweiflung? Für Stepanova und ihre ganze Generation sind Krieg und Exil, aus der russischen Geschichte gut bekannt, wieder bestimmende Faktoren der Gegenwart geworden. Wie reagiert die Literatur heute darauf – und wie reagieren wir, die wir russische Literatur übersetzen?

Gabriele Leupold und Olga Radetzkaja stellen an diesem Abend die drei Autoren exemplarisch vor und lesen aus ihren Werken.


Olga Radetzkaja

geboren in Amberg, studierte Slavistik und  Komparatistik; sie übersetzt Literatur überwiegend aus dem Russischen. Zu ihren Autoren gehören u.a. Viktor Schklowski, Boris Poplawski, Maria Stepanova und Polina Barskova. 2019 wurde sie mit dem Straelener Übersetzerpreis ausgezeichnet, 2020 mit dem Brücke Berlin Preis. Neben ihrer übersetzerischen Tätigkeit arbeitet sie als Redakteurin bei der Zeitschrift OSTEUROPA. Sie lebt in Berlin.
(Foto: (c) Sebastian Bolesch)

 

Gabriele Leupold

studierte Russische und Deutsche Philologie in Mainz, Göttingen, Konstanz und Moskau. Sie übersetzt Literatur aus dem Russischen, u. a. Vladimir Sorokin, Andrej Belyj, Warlam Schalamow, Andrej Platonow, und veranstaltet Seminare und Workshops für Übersetzer und Studierende. Sie ist Koautorin der Videodokumentation Spurwechsel. Ein Film vom Übersetzen (2003) und im Vorstand der Übersetzervereinigung Weltlesebühne e.V. 2018/19 war sie August-Wilhelm-von-Schlegel-Gastprofessorin für Poetik derÜbersetzung an der FU Berlin. (Foto: (c) Sergej Winter)