Der Seeweg Gut Wittmoldt e.V. präsentiert:


Sommer-ausstellung 2024



„Aus Nähe und Ferne betrachtet“

 

Rückblick – Vernissage

26. Mai 2024

 

„Aus Nähe und Ferne betrachtet“ Gruppenausstellung mit Tiefgang

 

Geschätzt sind es rund 200 Besucherinnen und Besucher, die der Einladung des Kunst- und Kulturvereins Seeweg Gut Wittmoldt zur Ausstellungseröffnung in das Herrenhaus folgen. Freundinnen und Freunde, Familienmitglieder, bekannte und unbekannte Menschen von Nah und Fern wollen die Arbeiten von den Kielern Barbara Kirsch, Renée J Goffin, Sophie Knabe, Arno Neufeld und dem Preetzer Atif Gülücü sehen. Was für eine Resonanz!

„Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen, und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen“. Mit diesem Zitat von Johann Wolfgang von Goethe begrüßt der Landrat des Kreises Plön, Björn Demmin, gutgelaunt die zahlreichen Gäste vor dem Gutshaus. Er bezeichnet den Seeweg Gut Wittmoldt e.V. als eine Kunstperle für den ländlichen Raum und dankt allen Vereinsmitgliedern für das ehrenamtliche Engagement.

Professor Dr. Klaus Gereon Beuckers vom Kunsthistorischen Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel führt im Anschluss in die Arbeiten der fünf Kunstschaffenden ein. In freier Rede, eloquent, fachkundig und absolut unterhaltsam. In einem Halbrund auf dem Rasen vor der Gutstreppe stehend hört das Publikum dem Vortragenden gebannt zu. Die Kuratorin Stefani Isabel Pejml freut sich über das besondere Lob des Kunsthistorikers für ihre gelungene Kuratierung der heterogenen Arbeiten.

 


Dann geht es dicht gedrängt die Stufen hoch, hinein in die Räume des Gutshauses. Wer sich nicht schon vorab einen Überblick verschafft hat, staunt jetzt über die Kunstwerke, die in den lichtdurchfluteten Räumen zu sehen sind. Im Vorraum hängen Arbeiten von Arno Neufeld, die stark abstrahiert Szenen aus Städten in Portugal zeigen. Im folgenden Raum fällt der erste Blick sofort auf ein knallgelbes großes Ölbild von Atif Gülücü mit dem Titel „Daphne mit grüner Wiese und Rapsfeld“. Im Turmzimmer erwartet die Gäste in einer kurzen Video-Projektion von Renée J Goffin „Christels Kleid“; ein Kleid, das über viele Jahre immer wieder auf Reisen nach Süd-Ostasien getragen wurde. Es folgen Fotocollagen auf gebürsteten Alu-Dibond-Platten von digital bearbeiteten Fotografien von Sophie Knabe mit dem Titel „Bunkerbilder“. Sie hat hierzu bekannte Motive aus der Kunstgeschichte mit ihren eigenen Fotografien kombiniert. Schließlich werden großformatige Arbeiten von Barbara Koch im größten der Gutsräume gezeigt. Zu sehen sind stark stilisierte Figuren in urbanen Räumen, deren Gesichter unsichtbar bleiben.

Anders verhält es sich bei dem Klavierkonzert mit dem Berliner Pianisten Johannes Joui Karr. Vis á vis, von Angesicht zu Angesicht sitzt sich das Publikum in einem großen Rund gegenüber. Und mittendrin das Klavier und der Musiker. Einige Zuhörende hocken im Schneidersitz auf dem Fußboden oder stehen im Türrahmen gelehnt. Eine wunderbare Situation, die Intimität verströmt - und ein Gefühl von Gemeinschaft.

Ebenso fasziniert hören die Gäste den von Atif Gülücü vorgetragenen osmanischen Gedichten zu. Mit ausladenden Handbewegungen und wortgewaltigen Lauten zieht der Künstler die Zuhörenden mit seiner tief verwurzelten Stimme in den Bann. Kaum jemand versteht die Verse von Fuzuli, der zu den bedeutendsten türkischsprachigen Dichtern seiner Zeit (15./16. Jhd.) zählt und in dessen Werken es meistens um die unerfüllte Liebe geht. Der Zauber der Rezitation wirkt: Die Gesichter in der Runde entspannen sich, Augen werden geschlossen, die Hände in den Schoss gelegt. Dann ist Stille - bis Applaus aufbrandet, alle durchatmen und wieder im Hier und Jetzt sind.

In dieser besonderen Stimmung geht es zur letzten Station der Ausstellung. Wie in einer Prozession schreiten die Gäste durch den Park zu der am Seeweg gelegenen Installation „Der Zaunkönig“ des im November verstorbenen Künstlers Arno Neufeld. Tags zuvor haben seine Künstlerkollegen und Freunde Ingo Warnke und Ulf Reiser sowie seine Frau Sophie Knabe die Installation am Kleinen Plöner See aufgestellt. Mit lautstarken Hammerschlägen und einer eigens dafür erdachten Konstruktion rammten die Männer rund sechzehn verzinkte und mehrere Meter lange Stangen in den Waldboden. So ist zwischen den großen, in den Himmel ragenden Bäumen eine Art metallisches Dickicht entstanden. Daran hängen hölzerne, von Arno Neufeld weiß und schwarz bemalte ehemalige Holzknaufe als eine Art Kugelnester. „Arno war mitten unter uns“, sagt Sophie Knabe über die Verbringung der Installation. Der Standort habe etwas Stilles und sei genau richtig: für das Kunstobjekt und passend zu Arno.

Der Zaunkönig soll übrigens einer der kleinsten und auch lautesten Vögel Europas sein, er nistet gerne im Dickicht. So kann man sich mit viel Fantasie vorstellen, dass er hier am Seeweg nistet. Wer weiß …


Music on the Wall – Bach am Seeweg

 

Rückblick zur Finissage

am 03. OKtober 2023

 Am Tag der Deutschen Einheit, dem 3. Oktober 2023, endete die Ausstellung des dänischen Künstlers Ken Denning ”Music on the Wall – Bach am Seeweg” im großen Saal des Herrenhauses Gut Wittmoldt.

 

Mehrere Besucherinnen und Besucher hatten sich eingefunden, um die großartige Ausstellung noch einmal anzuschauen. Besonders gespannt waren die Gäste an diesem Tag auf das Gespräch zwischen dem Maler Ken Denning und dem Dokumentarfilmregisseur und ersten Vorsitzenden des Kunst- und Kulturvereins Seeweg Gut Wittmoldt, Wilfried Hauke, moderiert von Angeline Schube-Focke, der Kuratorin der Ausstellung.

 

Maler und Filmemacher erzählten ernsthaft und humorvoll, sich widersprechend und übereinstimmend von den Gemeinsamkeiten und dem Trennenden zwischen ihren Pro-fessionen. Das Publikum staunte nicht schlecht.

 

Als Einstieg in das Gespräch der beiden Kulturschaffenden gab Ken Denning in bezauberndem Dänisch-Deutsch einen fiktiven Dialog zwischen einem Künstler und einer Ausstellungsbesucherin zum Besten. Das Publikum belohnte den Vortrag mit herzhaftem und zustimmendem Lachen und großem Applaus.

 

Hier das Gespräch zwischen Ken (Denning) und einer fiktiven Finissage-Besucherin namens Grete.

 

Gute Abend meine Damen und Herren ! Dieses Gespräch könnte wahr sein – und es könnte hier stattfinden.

Grete: Entschuldigung, ich habe ein paar Fragen. Sind Sie der Künstler?

Ken: Künstler, also – ja, ich habe die Bilder gemacht.

 

Grete: Gut, Herr Denning. Meine erste Frage: Kann man davon leben?

Ken: Ja, kann ich.

 

Grete: Von diesen Bildern?

Ken: Ja.

 

Grete: Wirklich?

Ken: Ja.

 

Grete: Donnerwetter. Hier sind aber keine oder nur nur wenige Farben zu sehen?

Ken: Ja.

 

Grete: Merkwürdig.

Ken: Ja, Sie haben Recht. Aber es ist so.

 

Grete: Hmm. Meine andere Frage.

Ken: Ja, bitte?

 

Grete: Was ist los?

Ken: Was meinen Sie?

 

Grete: Wovon handelt es? Ich verstehe es nicht. Es sieht nicht aus wie etwas.

Ken: Was für ein etwas?

 

 

Grete: Was ist es?

Ken: Etwas.

 

Grete: Bitte?

Ken: Etwas. Ein Bild mit Etwas.

 

Grete: Ein Bild, ja. Aber was soll es darstellen?

Ken: Ein Bild.

 

Grete: Ein Bild. Ist das alles?

Ken: Das ist genug.

 

Grete: Wirklich? Ich verstehe das nicht?

Ken: Es ist Garnichts.

 

Grete: Garnichts?

Ken: Meine Bilder stellen Garnichts da.

 

Grete: Alle?

Ken: Ja.

 

Grete: Sie machen das gleiche Bild mehrmals?

Ken: Man kann sagen: Ja.

 

Grete: Warum?

Ken: Ich kann nicht anders.

 

Grete: Und können immer noch davon leben?

Ken: Ja.

 

Grete: Aber können Sie etwas machen, unter dem man sich etwas vorstellen kann?

Ken: Was meinen Sie? Ich male Bilder, die etwas darstellen.

 

Grete: Ein Schwein?

Ken: Bitte?

 

Grete: Ein Schwein. Können Sie ein Schwein malen?

Ken: Ein Schwein. Das Tier?

 

Grete: Ja.

Ken: Das kann ich.

 

Grete: Warum tuen Sie es nicht?

Ken: Ich mag Schweine nicht.

 

Grete: Aber trotzdem?

Ken: Ich mag Pferde. Aber ich male sie nicht.

 

Grete: Ach so. Aber was denken Sie?

Ken: Was ich denke?

 

Grete: Woran denken Sie, wenn Sie malen?

Ken: Am besten an gar nichts.

 

Grete: Gar nichts?

Ken: Ich versuche es. Es ist schwer, an gar nichts zu denken. Sehr schwer.

 

Grete: Ich verstehe immer noch nicht.

Ken: Gut.

 

Grete: Was meinen Sie?

Ken: Dass Sie nicht verstehen, ist gut. Sehr gut.

 

Grete: Was??

Ken: Unser ganzes Leben versuchen wir, zu verstehen. Jede Stunde müssen wir etwas verstehen. Lassen Sie das sein!

 

Grete: Ich habe aber leider heute keine Zeit dafür, nichts zu verstehen.

Ken: Schade.

 

Grete: Und danke für das Gespräch.

Ken: Gerne.

 

Grete: Bitte, noch eine letzte Frage.

Ken: Ja.

 

Grete: Das ganz große schwarz-graue Bild, das gar nichts darstellt, das nur ein Bild ist.

Ken: Ja.

 

Grete: Das Bild, das nur ein Gemälde ist?

Ken: Ja.

 

Grete: Das Gemälde, das deprimierend wirkt.

Ken: Ach so.

 

Grete: Kann man das Gemälde in Gelb haben? Gelb wie die Sonne?

Ken: Danke meine Damen und Herren. Haben Sie noch irgendwelche Fragen?